Dienstag, 6. Oktober 2009

Le bilan du tiers passé

Ich finde, es ist mal wieder Zeit, etwas über meinen Aufenthalt hier zu reflektieren. Ein Drittel von Erasmus ist nämlich schon um und das nehme ich heute zum Anlass für eine kleine Zwischenbilanz.

1) Die Stadt

Was Rennes selbst angeht, habe ich mich total eingelebt. Die Stadt ist super, weil sie einfach alles hat: Einkaufsmöglichkeiten, Altstadt, einen Haufen Kneipen, ein glitzerndes Nachtleben und unglaublich viele junge Leute (200.000 Einwohner, davon 60.000 Studenten). Dass auf den Straßen unglaublich viel Dreck liegt, ist nichts besonderes, das habe ich in Frankreich bisher noch nie anders erlebt. Nur eins gibt mir zu denken: Es gibt deutlich weniger Hunde als es die vielen vielen braunen Haufen denken lassen. Irgendwer ist hier also ein ziemlicher Saubär.

2) Die Uni

"Institut d'Etudes Politiques", eine DER Elitehochschulen für Politikwissenschaft in Frankreich. Wer als Franzose was auf sich hält, unterzieht sich einer zweijährigen (!!!) Aufnahmeprüfung, um hierher kommen zu dürfen. Soweit der Ruf.
Die Realität sieht - aus den Augen eines Außenstehenden - etwas anders aus. Für das Gebäude gilt die Regel "Außen hui, innen pfui". Aber das ist nicht schlimm. Seltsam sind viel mehr die Lehrmethoden. Jeder Kurs dauert zwei Stunden, immer nach dem gleichen Prinzip: Der Professor sitzt vorne und liest ununterbrochen von seinem Skript ab, ohne Powerpoint oder ähnliches. Die Elite-Studenten sitzen davor und schreiben WORT FÜR WORT mit. Alles, zwei Stunden lang. Wenn man sich vor Augen hält, dass man ja pro Tag mehrere Kurse hat, kann man sich denken, wieviel an Papier da zusammenkommt.
Dafür muss ich aber sagen, dass die Inhalte deutlich besser sind als an der KU. Auch bin ich zu der festen Überzeugung gelangt, dass hier am IEP tatsächlich Experten dozieren. Daran habe ich für Eichstätt immer mehr Zweifel. Außerdem: Man mag über die Mitschreibewut sagen, was man will. Aber ist es wirklich besser, in jedem (Haupt-)Seminar in Eichstätt einmal pro Semester ein Referat zu halten und die restliche Zeit sinnloserweise abzusitzen, ohne wirklich was mitzunehmen?

3) Die Franzosen

Sehr lustig, immer wieder. Wenn es nicht nur so frustrierend wäre. Ich will hierzu gar nicht so viel schreiben. Aber ein Beispiel muss sein: Gestern hat hier ein Vortrag zum Thema "Deutschland nach den Wahlen" stattgefunden, den ein Experte aus Deutschland gehalten hat. War auch gut, nur echt schlimm war sein französischer "Assistent": Erstmal gabs Probleme mit der Technik. Der Mann von der EDV hats dann gerichtet. Die Powerpoint hat aber trotzdem (natürlich) nicht funktioniert (das wäre auch die erste gewesen, die ich hier gesehen hätte). Aber das Beste war, dass der Franzose während des Vortrags wild in der Powerpoint herumgeklickt hat. Folge: Keiner hat mehr dem Vortrag folgen können, weil sich sekundenweise das Hintergrundbild - ohne erkennbaren Zusammenhang - geändert hat.

4) Erasmus und die Integration

Das ist der kritische Punkt. Einerseits ist es natürlich so, dass ich nach sechs Wochen in Rennes total gut in die Gemeinschaft der über 80 ausländischen Studenten integriert bin. Wir machen viele Ausflüge (Saint Malo, Mont St. Michel, Nantes, am Samstag Vannes) und es finden dauernd Parties statt (so wie vergangenen Samstag, als die Südamerikaner für Freibier gesorgt haben). Das ist dann schon immer alles super lustig und ich fühle mich gut und bin begeistert, mich mit so vielen Nationalitäten auf einmal austauschen zu können. Außerdem habe ich einige Franzosen kennengelernt, mit denen ich gerne rede und mit denen auch mal gefeiert wird. Das wirkt sich auch auf die Sprache aus - mein Französisch hat sich in letzter Zeit auf jeden Fall verbessert und ist auch deutlich flüssiger geworden. Allerdings - vor allem morgens beim Aufwachen denke ich mir oft: Was willst du eigentlich hier? Und man weiß natürlich auch, dass es schwierig bis unwahrscheinlich ist, hier tatsächlich Freunde fürs Leben zu finden. In 10 Wochen trennt sich nämlich wieder alles...
Außerdem hat Integration auch immer etwas mit Exklusion zu tun. Und da fällt mir schon manchmal auf, dass ich von daheim nur noch wenig mitbekomme. Und das ist irgendwie schade.

1 Kommentar:

  1. So gings mir gestern auch! Genau so. Man kennt sooo viele Leute, und doch alle nicht richtig. Aber vielleicht wird das ja noch! Und nach "daheim" kommen wir ja schon bald wieder, du noch früher als ich. Und da warten ein paar Leute schon ganz sehsüchtig auf uns ;)
    Bisous nach Rennes, Laura

    PS: Die anderen langweilen sich eh zu Tode ohne uns ;)

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